Author: Ingolf Rauh

eIDAS: 4 zentrale Herausforderungen bleiben bestehen

Wenn Sie bereits Leser dieses Blogs sind, haben Sie vielleicht bemerkt, dass wir bei Swisscom Trust Services eine Vorliebe für einheitliche europäische Regelungen haben, insbesondere für die eIDAS-Gesetzgebung. In den vergangenen Wochen haben wir die neuesten Umsetzungsgesetze geprüft, die wichtigsten Fragen in einer FAQ gesammelt und neue Geschäftsmöglichkeiten durch neu geschaffene Trust Services untersucht.

Wenn Sie neu hier sind, sollten Sie vielleicht zuerst hier nachsehen.

Trotz all der positiven Aspekte müssen noch einige Herausforderungen gelöst werden, um den grösstmöglichen Nutzen aus eIDAS zu ziehen und einen vertrauenswürdigen Rahmen für europaweite digitale Identitäten zu schaffen. Damit wollen wir uns in dieser Woche im Blog befassen.


In diesem Artikel:

1. Überwindung infrastruktureller Lücken bei der Einführung digitaler Identitäten

Eine interoperable digitale Infrastruktur zwischen den Mitgliedstaaten ist unabdingbar, um sicherzustellen, dass die nationalen Identitätssysteme nahtlos miteinander kommunizieren und Identitäten grenzüberschreitend überprüfen können. Dies erfordert Investitionen in Technologie und die Harmonisierung von technischen Standards und Protokollen, speziell durch die konsequente Anwendung der überarbeiteten eIDAS-Verordnung. Ferner müssen sichere und skalierbare digitale Identitätsrahmen entwickelt werden, einschliesslich robuster Authentifizierungsmethoden (wie Biometrie oder Multifaktor-Authentifizierung) und sicherer Datenspeichersysteme, die den strengen EU-Gesetzen zum Schutz der Privatsphäre und des Datenschutzes, wie der Datenschutz-Grundverordnung, entsprechen.

Eine enge Zusammenarbeit zwischen den EU-Institutionen, den nationalen Regierungen, den Akteuren des Privatsektors und der Zivilgesellschaft ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass das Ökosystem der digitalen Identität integrativ und zuverlässig ist und auf breiter Basis angenommen wird. Dazu gehört die Förderung der Integration digitaler Identitätssysteme in den Privatsektor (z. B. im Bankwesen, im Reiseverkehr und im elektronischen Handel) sowie die koordinierte Finanzierung und Durchführung von Pilotprojekten, die die Machbarkeit und den Nutzen für die Endnutzer nachweisen.

 

2. Dem Rattenrennen der KI-Regulierung entkommen

Keine Technologie in der Geschichte der Menschheit hat sich so schnell entwickelt wie die künstliche Intelligenz. Fachbücher über KI sind bereits veraltet, wenn sie veröffentlicht werden – und das gilt erst recht für Vorschriften, zumindest wenn sie reaktiv sind. KI im rechtsfreien Raum existieren zu lassen, kann aber auch keine Lösung sein; zu gross sind die Gefahren, die zum Beispiel durch Deep Fakes für digitale Identitäten entstehen. Der Gesetzgeber steht derzeit vor der grossen Herausforderung, Entwicklungen ohne Präzedenzfall zu antizipieren und proaktiv einen Rechtsrahmen zu schaffen, der der Technologie Raum zur Entfaltung gibt und dennoch gefährliche Auswüchse eindämmt.

 

3. die Beteiligung des Privatsektors fördern

Viele denken bei eIDAS-Themen zunächst an den öffentlichen Sektor, vorwiegend an digitale Identitäten. Das ist natürlich richtig, aber auf eIDAS basierende Dienste können auch im privaten Sektor einen echten Mehrwert schaffen. Viele Unternehmen müssen jedoch noch davon überzeugt werden - einige haben immer noch eine negative Einstellung gegenüber der Regulierung aus Brüssel. Im Falle von eIDAS entsteht jedoch ein Ökosystem, von dem die europäische digitale Wirtschaft profitieren kann, indem etwa der Abschluss von Verträgen mit elektronischen Signaturen beschleunigt wird. Standardisierte elektronische Identitäten können auch das Onboarding von Kunden aus anderen Mitgliedsstaaten deutlich vereinfachen. Als Vertrauensdiensteanbieter wollen wir unsere Überzeugungsarbeit in diesem Bereich fortsetzen und zur Entwicklung eines Ökosystems beitragen, von dem Bürger und Unternehmen profitieren können.

 

4. öffentliches Vertrauen aufbauen

Unabhängig davon, wie innovativ, technologisch ausgereift und effizient digitale Identitäten und die darauf basierenden Dienste sind, werden sie sich nur durchsetzen, wenn die Bürger sie akzeptieren. Daher ist das Vertrauen der Öffentlichkeit eine weitere entscheidende Komponente, die durch Transparenz, starke Cybersicherheit und klare Rechenschaftsstrukturen aufgebaut werden muss. Die Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass ihre digitalen Identitäten sicher sind und unter ihrer Kontrolle stehen. Dazu gehört auch, dass präzise Zustimmungsmechanismen zur Verfügung stehen und sichergestellt wird, dass die Grundsätze der Datenminimierung und souveräne Infrastrukturen durchgesetzt werden. Ferner muss eine umfassende digitale Kompetenz und Zugänglichkeit gefördert werden, um einen gleichberechtigten Zugang zu digitalen Identitätslösungen zu gewährleisten, insbesondere für ältere Generationen und weniger technisch versierte Bürger.

Wenn Sie mehr über die jüngsten Änderungen und Ergänzungen der eIDAS-Verordnung und der Durchführungsgesetze erfahren möchten, finden Sie einen detaillierten Überblick in unserem Spickzettel zum Stand der eIDAS-Durchführungsgesetze 2025.

 

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