Author: Kurt Rindle

Lassen Sie sich nicht vom digitalen Produktpass überrumpeln - behalten Sie die Kontrolle.

Wie glaubwürdig sind die Nachhaltigkeitsaussagen von Unternehmen heute? Studien zeigen, dass nur etwa 25 Prozent der Verbraucher Umwelt- oder Transparenzaussagen glauben. Diese alarmierende Zahl offenbart einen massiven Mangel an Vertrauen. Ab 2026 wird diese Vertrauenskrise durch Regulierung angegangen und für viele Hersteller zu einer existenziellen Herausforderung, da die EU im Rahmen der Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, ESPR) die Einführung digitaler Produktpässe (DPPs) schrittweise vorschreibt. Batterien sind nur der Anfang, gefolgt von Textilien, Elektronik, Baumaterialien und vielen weiteren Sektoren.

Künftig sind die Hersteller für die Richtigkeit der Daten in ihren Produktpässen rechtlich verantwortlich und können nach dem Verbraucherschutzgesetz sogar zu Haftstrafen verurteilt werden. Und das, obwohl mehr als die Hälfte der geforderten Informationen von externen Zulieferern stammt, auf die sie keinen direkten Einfluss haben. Das Paradoxon wird greifbar: Wie können Unternehmen die Verantwortung für Daten übernehmen, über die sie keine Kontrolle haben?

Herausforderungen in der Lieferkette: Über 60 Prozent der deutschen Unternehmen tauschen Lieferantendaten noch auf Papier aus. Undurchsichtige Prozesse, manuelle Übertragungsfehler, inkonsistente Formate und inkompatible IT-Systeme lassen die Aussicht auf eine lückenlose digitale Datenkette fragil erscheinen. Gleichzeitig steigt durch den Einsatz künstlicher Intelligenz das Risiko realistischer Fälschungen. Ohne automatisierte Kontrollmechanismen droht die Verordnung über den digitalen Produktpass (DPP) trotz des erheblichen Aufwands zu einer zahnlosen Übung zu werden. Ein Flickenteppich aus Einzelfallprüfungen für bis zu eine Million Hersteller und schätzungsweise 10 bis 20 Milliarden Produkte in der EU ist einfach nicht skalierbar.

Einzelne Branchen setzen auf Blockchain-Technologie, um Daten zu sichern. Blockchains funktionieren jedoch nur, wenn alle Beteiligten aktiv zusammenarbeiten – ein Szenario, das in globalen Lieferketten selten realistisch ist. Technische Manipulationssicherheit allein reicht nicht aus; sie muss auch rechtlich anerkannt sein.

Tim Schojohann, Mitbegründer der Cryptar GmbH, bringt es auf den Punkt:

"Alle in ein und dasselbe System zu bringen, ob dezentral oder nicht, ist wie der Versuch, eine Weltregierung aufzubauen."

 

Jeder, der versucht, das Authentizitätsproblem allein auf der Netzwerkebene zu lösen, wird an der Realität fragmentierter Lieferketten scheitern.

Ein Paradigmenwechsel - dezentrale Beweise: Vor diesem Hintergrund ist ein Paradigmenwechsel notwendig. Anstelle dezentraler Infrastruktur geht es um dezentrale Beweise. Die Partnerschaft zwischen Swisscom Trust Services und der Cryptar GmbH bietet diesen Ansatz. Sie kombiniert die paneuropäische eIDAS-Expertise von Swisscom mit dem patentierten Protokoll von Cryptar zu einer Lösung, die bestehende Infrastrukturen respektiert und zugleich eine fälschungssichere Basis für die digitale Zusammenarbeit schafft. Diese Lösung ist modular aufgebaut und lässt sich als Komponente in bestehende Lösungen integrieren.

Das Prinzip ist einfach, aber wirkungsvoll. Alle Compliance-relevanten Informationen, die in einem Unternehmen erstellt oder verändert werden, werden lokal kryptografisch dokumentiert. Dieser Nachweis wird dann in mehreren unabhängigen Vertrauensumgebungen veröffentlicht, z. B. in staatlichen Systemen, Blockchains, zentralen Plattformen und qualifizierten Vertrauensdienstleistern. Die Empfänger können die Authentizität der Informationen in der von ihnen bevorzugten Infrastruktur - ob digital oder in Papierform - unabhängig überprüfen. So entsteht eine verteilte Beweiskette, die automatisierte Validierungen, Audits und regulatorische Kontrollen ermöglicht, die auch vor Gericht Bestand haben.

Die Rolle von Swisscom Trust Services: Als einziger paneuropäischer qualifizierter Trust Service Provider ist Swisscom nach den Schweizer ZertES-Vorschriften und EU eIDAS zertifiziert. Qualifizierte elektronische Siegel (QES) bieten die höchste gesetzliche Sicherheitsstufe für digitale Transaktionen und verlagern die Beweislast rechtlich. In der Praxis bedeutet dies: Die Lieferantendaten für den digitalen Produktpass werden mit QES versehen, die ihre Echtheit garantieren. Hersteller, die sonst das Haftungsrisiko allein tragen müssten, erhalten dadurch Transparenz und die rechtliche Grundlage, Risiken auf den Verursacher zurückzuverteilen. Verantwortung wird greifbar - Manipulationen verlieren ihre Bedrohlichkeit – auch ohne Ausbau von Qualitätssicherungsabteilungen.

Swisscom ergänzt ihr regulatorisches Know-how mit einer robusten Infrastruktur: hochsichere Rechenzentren in der Schweiz, regelmässige Audits und eine bewährte Integration in sensible Branchen wie Finanzdienstleistungen oder Gesundheitswesen. Partnerschaften mit iText, Autenti oder Signicat zeigen die nahtlose Integration in bestehende Prozesse. Millionen von Dokumenten wurden bereits digital rechtlich abgesichert. Dies gewährleistet die Skalierung auf Milliarden von DPP-Datenpunkten.

Zentrale Vorteile für Unternehmen: Die Synergie von Cryptar's Beweisprotokoll und den eIDAS-konformen Vertrauensdiensten von Swisscom schafft die Grundlage für eine vertrauenswürdige digitale Zusammenarbeit und damit Wettbewerbsvorteile durch:

  • Rechtssichere Automatisierung: Qualifizierte Siegel sind in das Protokoll integriert, die Validitäts- und Integritätsprüfung erfolgt in Echtzeit.
  • Kosteneffiziente Skalierung: Publikationssiegel bündeln mehrere Signaturen und Gültigkeitsstufen in einem einzigen Siegel.
  • Proaktive Sicherheit: Signaturverläufe werden überwacht, kompromittierte Signaturen können im Falle eines Identitätsdiebstahls widerrufen werden – derzeit basieren rund 30% der Angriffe auf gestohlenen Identitäten (IBM X-Force Threat Intelligence Index 2025).
  • Offline-Vertrauen: Selbst gedruckte Dokumente sind für Logistikpartner oder Zollbehörden überprüfbar.

So entsteht ein Ökosystem fälschungssicherer Transparenz, das regulatorische Risiken minimiert und Vertrauen über die gesamte Lieferkette hinweg erlebbar macht.

Praktische Anwendungen zeigen den Wert: Batteriepässe in der Automobilindustrie dokumentieren Bauteile über ihren gesamten Lebenszyklus und Second-Life-Anwendungen. In der Textilindustrie werden durch Systembrüche verursachte Papierberge überwunden, Herkunft, Arbeitsbedingungen und ökologische Auswirkungen transparent dokumentiert – ein wirksames Mittel gegen Greenwashing. Die Bauindustrie profitiert von fälschungssicheren Materialien und Umweltzertifizierungen, Luxusgüterhersteller sichern die Echtheit ihrer Produkte, und digitale Dienstleistungen verbessern das Kundenerlebnis.

Ferner eröffnet die Technologie Perspektiven weit über DPP hinaus: ESG-Reporting, Finanzberichterstattung, KI-Governance und Rückverfolgbarkeit in pharmazeutischen Lieferketten profitieren von denselben Prinzipien.

Studien sagen voraus, dass das Volumen für Softwarelösungen im Bereich des digitalen Produktpasses von 213,9 Millionen US-Dollar im Jahr 2024 auf 1,23 Milliarden US-Dollar im Jahr 2030 steigen wird (jährliche Wachstumsrate von 34,9 %). Dieser Markt ist jedoch keine sichere Sache. Unternehmen müssen die Datenqualität sicherstellen, Altsysteme integrieren, organisatorische Veränderungen bewältigen, sich an die sich schnell entwickelnden Vorschriften wie eIDAS 2.0 anpassen und über Pilotprojekte hinausgehen. Die Lösung von Swisscom - Cryptar adressiert all diese Punkte: Sie ist modular, flexibel, rechtskonform und kann als Baustein für bestehende DPP-Lösungen eingesetzt werden. So wird der digitale Produktpass von einem Kostenfaktor zu einem effektiven digitalen «Supply Chain-Compliance Tool».

Die Zukunft der Vertrauenswirtschaft gestalten: Der digitale Produktpass ist mehr als eine regulatorische Anforderung – er ist ein Katalysator für die Transformation von Transparenz, Nachhaltigkeit und Vertrauen. Swisscom und Cryptar zeigen, wie technologische Innovation, Einhaltung von Vorschriften und wirtschaftliche Realität zusammenkommen. Wer jetzt handelt, sichert sich die Compliance und wird zum Pionier einer neuen Vertrauenswirtschaft, statt ständig wachsenden Anforderungen hinterherzujagen.

Die entscheidende Frage ist nicht mehr, ob digitale Produktpässe kommen – das ist entschieden. Sie lautet: Wer legt die Standards fest, denen die Branche morgen folgen wird? Die Zeit der Experimente ist vorbei. Die Zeit für Lösungen hat begonnen. Swisscom und Cryptar laden Unternehmen ein, Teil dieses Wandels zu werden –  durch Pilotprojekte, strategische Partnerschaften oder den Dialog über die Zukunft der authentischen digitalen Information.

Über die Partnerschaft

Swisscom Trust Services und Cryptar GmbH entwickeln gemeinsam die nächste Generation von digitalen Vertrauenslösungen. Durch die Kombination von paneuropäischer eIDAS-Expertise und patentierter dezentraler Evidenztechnologie schaffen sie Lösungen, die technische Herausforderungen überwinden und neue Standards für eine vertrauenswürdige digitale Zusammenarbeit setzen.

 

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